Warum Moore so wichtig sind

„Der Klimaschutz hat den Blick auf die Moore positiv verändert“

 

Die renommierte Ökologin Franziska Tanneberger und die SZ-Journalistin Vera Schroeder haben ein Buch über das Moor geschrieben. Ein Gespräch über die geänderte Sicht auf den nassen Lebensraum, seine Bedeutung für den Klimaschutz und für bedrohte Arten.

                                                                                                                                              von Thomas Krumenacker 30.03.2023

 

Gesamter Beitrag unter: www.riffreporter.de

Buchvorstellung: www.ardmediathek.de

 

Früher galten Moore als zwielichtige und lebensfeindliche Grusellandschaft, die man möglichst schnell trockenlegen wollte. Doch inzwischen sind sie beliebte Erholungsziele und vor allem Hoffnungsträger für eine grünere und nachhaltigere Zukunft: Kein anderes Ökosystem hat innerhalb weniger Jahrzehnte einen vergleichbaren Imagewandel erlebt wie Moore.

Klimawandel bekämpfen, Artenvielfalt erhalten und Strom erzeugen: Das alles sollen Moore leisten

Je mehr wir über die bemerkenswerten Fähigkeiten der unendlich vielseitigen wassergesättigten Lebensräume wissen, desto größer werden die Erwartungen an sie. Moore sollen als Verbündete im Kampf gegen den Klimawandel helfen, sie sollen die bedrohte Artenvielfalt retten – und neuerdings sollen sie als Standorte für Solarkraftwerke auch direkt für die Produktion erneuerbarer Energie rekrutiert werden.

Über mangelndes Interesse kann sich der Lebensraum Moor nicht beklagen. Da kommt ein neues Buch zum Thema zum richtigen Zeitpunkt. Wir sprachen mit der Ko-Autorin Franziska Tanneberger über ihr Buch

Das Moor: Über eine faszinierende Welt zwischen Wasser und Land – und warum sie für unser Klima so wichtig ist“. Die Biologin leitet seit 2015 das Greifswald Moor Centrum, eine wissenschaftliche Einrichtung, die von der Universität Greifswald, der Michael-Succow-Stiftung und einem Förderverein getragen wird.

 

Gerade wurde das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz auf den Weg gebracht. Die Bundesregierung will vier Milliarden Euro unter anderem für die Wiedervernässung von Mooren als Beitrag zum Klimaschutz ausgeben.

Das Programm setzt ausschließlich auf finanzielle Anreize, um Landbesitzer und -besitzerinnen dazu zu bringen, ihre Moore wiederzuvernässen. Für Straßen und andere Infrastrukturprojekte wird fast standardmäßig auch enteignet. Reicht Freiwilligkeit im Moorschutz aus oder braucht es auch neue gesetzliche Grundlagen?

Wir brauchen auf vielen Ebenen Veränderungen. Bevor neue Gesetzen gemacht werden, sollten wir zunächst in den komplexen Planungsprozessen der Raumordnung für Straßen, Gebäude und sonstige Infrastruktur Moore stärker berücksichtigen, beispielsweise als Vorranggebiete, um dort wiedervernässen zu können. Warum soll es nicht Vorranggebiete für Moore geben, wie es analog auch Windvorranggebiete gibt? Beides dient dem Klimaschutz.

Aber mit jeder neuen Infrastruktur, die auf entwässerten Mooren entsteht, zementieren wir den entwässerten, klimaschädlichen Zustand.

 

Im nächsten Jahr wird der Seggenrohrsänger in Deutschland ausgestorben sein. Kommt der Moorschutz zu spät für ihn?

 Wir haben unsere Moore so lange kaputtgemacht, dass die Art immer mehr nach Osten gedrängt und am Ende nur noch am östlichsten Zipfel Deutschlands im Nationalpark Unteres Odertal an der Grenze zu Polen vorkam. Die letzten Exemplare sind in den vergangenen Jahren verschwunden.

 

Seggenrohrsänger