Während wenige Kilometer entfernt Moor für die Umgehungsstraße hergegeben wird, wurde in Lärz ein
Die meisten Straßenprojekte in Deutschland würden mehr schaden als nutzen, hat eine NGO ermittelt. Die Gruppe rechnet mit vielfach höheren Klimakosten als die Regierung – die dürfte ihre Kalkulation bald ändern.
Eine Vielzahl der in Deutschland geplanten Straßenprojekte könnte unwirtschaftlich sein, wenn die Klimakosten angemessen berücksichtigt werden: Das jedenfalls zeigen Berechnungen der Umweltorganisation Transport & Environment
(T&E). Die im Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030 vorgesehenen Aus- und Neubauten von Straßen und Autobahnen werden der NGO zufolge neunmal mehr CO₂-Emissionen verursachen als angegeben.
Damit untermauert die Organisation ihre Kritik an der Ampelkoalition, die für eine Auswahl von 138 Ausbauprojekten zentraler Autobahnen sogar noch eine Beschleunigung der Planung beschlossen hat. Dabei stammen die Pläne aus der Zeit vor dem Pariser Klimaabkommen von 2015 – und auch die Bundesregierung räumt ein, dass sie nach »neuen Kriterien« überprüft werden müssen. Derzeit läuft eine, laut Gesetz seit zwei Jahren überfällige, Überprüfung des Bedarfsplans.
»Zeit Online « zufolge, das zuerst über die T&E-Untersuchung berichtete , wird damit noch in diesem Jahr eine offizielle, ehrlichere Klimarechnung gemacht. Ganz so negativ wie bei der Umweltorganisation würden die Zahlen allerdings wohl nicht ausfallen, deutete Markus Friedrich
an, der den wissenschaftlichen Beirat des Verkehrsministeriums leitet. Die neue Analyse unterschätze den Umstieg auf Elektroautos und mache es sich mit der Verkehrsprognose für einzelne Strecken zu einfach. Die Grundaussage teilte jedoch auch Friedrich: »Straßenneubau und -ausbau erschwert es, die Klimaziele zu erreichen«, sagte der Verkehrsforscher zu »Zeit Online«.
Dabei hängt viel an den Annahmen. Die Kosten-Nutzen-Analyse für Straßenprojekte im Rahmen des BVWP berücksichtigt laut T&E fast gar nicht den bekannten Effekt des »induzierten Verkehrs«: dass neue und breitere Straßen zu mehr Verkehr und damit zu mehr Emissionen führen. Für die eigene Rechnung habe man nach internationaler Forschung »konservativ« angenommen, dass ein Prozent mehr Straßenfläche 0,6 Prozent mehr Verkehr bewirkt. Allein dadurch würden »drastisch« höhere Emissionen entstehen, als die Bundesregierung bisher einkalkuliert.
Der von diesen Emissionen verursachte Schaden werde außerdem zu niedrig angesetzt, kritisiert die NGO. Während das Umweltbundesamt die Folgekosten einer Tonne CO₂ mit 700 Euro werte, gehe der Bundesverkehrswegeplan nur von 145 Euro aus – eine veraltete Zahl von derselben Behörde, die den Wohlstand der heute lebenden Generationen höher bewertet als den der nachfolgenden.
Die »enormen Summen, die die Bundesregierung trotz allgemeinem Sparkurs für Auto-bahnen bereitstellen will« stünden »vielerorts nicht im Verhältnis zu dem tatsächlichen Nutzen, den die Bürger davon haben«, wird T&E-Datenanalyst Benedikt Heyl in der Mitteilung zitiert. Zwei von drei geplanten Straßenkilometern wären unwirtschaftlich, folgert die Untersuchung.
Milliardengräber – und ein paar nützliche Straßen